6 January 2022

Gäste wollen Natur

Bereits meine Eltern liebten und schätzten das schöne

Rettenberg. Die Natur, die Berge, das Allgäu. Seit 1986 ist Rettenberg

sozusagen meine zweite Heimat. Nach dem Tod meiner Eltern haben mein Mann und

ich den Zweitwohnsitz übernommen und genießen die Zeit hier sehr. Liebe Rettenberger,

Ihr habt hier einen der schönsten Flecken in Deutschland um den Euch viele

beneiden. Einschließlich mir. Oft denke ich mir, wie schön es sein muss, immer

hier leben zu dürfen. Es kann doch nicht Euer Ernst sein, den durch eine

Umgehungsstraße zu verschandeln? Wieviel unberührte Natur ist schnell, aber für

immer zerstört?

An der Ortsdurchgangsstraße lese ich seit geraumer Zeit auf

einem Schild „Ortsumgehung jetzt-für unsere Gäste“. Ich bin der festen

Überzeugung, Eure Gäste kommen um Eure schöne, unberührte Natur zu genießen.

Nicht, um durch Euer Dorf zu flanieren. Wie sieht das bei Euch „Einheimischen“

aus? Spaziert Ihr lieber am Bach entlang, durch das Wäldle im Hasengarten? Oder

bummelt Ihr lieber auf der Straße durchs Dorf?

Liebe Rettenberger, Eure Natur ist Euer Kapital. Die

Besucher, die Urlauber suchen hier Erholung. Eure Ferienwohnungen, Eure

Gastronomie und nicht zuletzt Eure Wohnhäuser werden an Wert und Attraktivität

verlieren, wenn diese Umgehungsstraße kommt.

Zudem: diese Straße ist nicht von heute auf morgen fertig

gebaut. Lasst Euch von mir, die im Hauptwohnsitz nahe einer Baustelle von

Stuttgart 21 wohnt, sagen: Gegen den Lärm und den Dreck die diese Baumaschinen

hinterlassen, ist der Durchfahrtsverkehr an Eurer Hauptstraße gar nichts. Viele

Häuser in meinem Hauptwohnsitz haben durch die Erschütterungen der Baumaßnahmen

Risse in den Wänden und Boden bekommen. Wer diese Reparaturen zahlt, steht noch

in den Sternen.

So ein Bauvorhaben dauert viele, viele Monate. Wer weiß

denn, wie sich der Verkehr in den nächsten Jahren überhaupt entwickelt? Die

E-Mobilität steht in den Startlöchern. Lärm und Luftverschmutzung sind somit

schon kein Argument mehr FÜR eine Umgehungsstraße. Natürlich verstehe ich die

Anwohner, welche vom Verkehr unmittelbar betroffen sind. Aber, wurden wirklich

schon alle Möglichkeiten in Betracht gezogen und geprüft, die für Entlastung

der betroffenen Anwohner sorgen können?

Liebe Rettenberger, wir sind hier viele Mitbürger im

Zweitwohnsitz. Mir wurde vom Bauamt der Gemeinde gesagt, wir hätten kein

Stimmrecht. Dies wollen wir so nicht hinnehmen. Denn, die 750 € Zweitwohnsitzsteuer,

welche wir (gerne) bezahlen, dafür sind wir recht. Aber Mitentscheiden, das

sollen wir bitteschön nicht. Das kann es doch nicht sein. Viele von uns

Zweitwohnbesitzer sind hier in Rettenberg durch Mitgliedschaft in den Vereinen

eingebunden. Wollen auch, wenn es soweit ist, unseren Ruhestand in Eurem

schönen Dorf genießen. Wenn wir Handwerker brauchen, beauftragen wir die

örtlich Ansässigen. Auch sonst konsumieren wir in den örtlichen Geschäften. Wir

fühlen uns zugehörig und wollen auch mitgestalten dürfen.

Ihr, liebe Rettenberger, Ihr dürft am 20.02.2022 entscheiden.

Ich bitte Euch, denkt gut darüber nach, wie Ihr Euch entscheidet. Ist die

Straße erstmal genehmigt, geplant, gibt es kein zurück. Wollt Ihr wirklich die

Natur dauerhaft so zerstören? Hört gut in Euch rein. Welchen Nutzen bringt Euch

die Umgehungsstraße? Eine Spielstraße vielleicht für Eure Kinder? Wie alt

werden Eure Kinder sein, bis die Umgehungsstraße fertig ist? Spielen die Kinder

dann wirklich noch auf der Straße? Falls ja, wie viele Jahre spielen sie vor

der Haustüre? Diese Zeit ist sehr begrenzt. Aber die Umgehungsstraße ist dann

da. Für immer.

Liebe Rettenberger, Ihr dürft mitentscheiden. Macht davon

Gebrauch und verhindert diese Umgehungsstraße.


Es grüßt Euch herzlich Eure

Diana Müller , Rettenberg